Prozessoptimierung beim Wintersport – Die etwas andere Fallstudie

Tolle Pisten und eitel Sonnenschein locken in die Skigebiete. Wenn da nur nicht die vielen Menschen wären, die mir den raschen Zugang zur nächsten Abfahrt verwehren. Schliesslich möchte ich ja Ski fahren, nicht An stehen.

Und doch passiert es mir immer wieder. Was dazu führt, dass ich mich frage, ob denn die hier noch nie was von optimaler Auslastung und Prozessoptimierung in der Wertschöpfungskette gehört haben. Geschweige denn von Personenfluss Ströme. Da stehen Sie nun an und warten darauf, vom Drehkreuz durchgelassen zu werden. Doch regelmässig wird die mögliche Kapazität nicht genutzt und damit die Wartezeit verkürzt. Entweder weil irgendein Depp mit seinen Skiern oder dem Snowboard eingefädelt hat und hängen geblieben ist. Oder wegen den Gruppen, die – auch wenn sie noch so gross sind – immer auf alle warten müssen. Weil sie ja unbedingt gemeinsam hoch fahren wollen. All dies (und noch viel mehr) führt unweigerlich zu einer Reduktion des maximalen Durchsatzes und verhindert so eine optimale Auslastung.


Klarheit auf der Fahrt nach oben? Keineswegs!

Denn ist man oben angekommen, bricht jeweils die totale Anarchie aus. Jede und jeder geht dorthin wo es ihn oder sie just in dem Moment gelüstet. Ob auf Toilette, ins Restaurant, auf einer der Pisten oder den nächsten Skilift. Wie soll ich so berechnen, wo wie lange ich in Zukunft anstehen muss um meine Zeit möglichst effektiv nutzen zu können? Und als wäre das nicht genug, legt jede einzelne Person ihre Fahrlinie und die Geschwindigkeit nach eigenem Gutdünken fest. Es wird mir schlichtweg  verunmöglicht, meine nächste Fahrt optimal zu ermitteln. Es ist zum verzweifeln.

 

Und nun?

“Wende doch Little’s Law an! Als Spezialist für Optimale Auslastung und Prozessoptimierung für KMU hast du die Formel doch sicher im Kopf”, denken jetzt wahrscheinlich einige von Ihnen. Denn gemäss der Warteschlangentheorie von John D. C. Little ist die durchschnittliche Anzahl von Kunden in einem Wartesystem, gleich dem Produkt aus der durchschnittlichen Ankunftsrate und der durchschnittlichen Verweildauer (hier: Beförderungszeit) im System. So könnte ich berechnen, an welchem Lift ich am schnellsten wieder auf dem Weg nach oben wäre. Das wollte ich ja auch. Doch die unglaublich grosse Standardabweichung der Variablen führt zu keinem klaren Resultat, geschweige den einer zuverlässigen Prognose. Da kann ich ja gleich meinen Kaffeesatz lesen.

Diese Überlegungen machten mich ganz kirre. Und weil mir nicht nur Wartezeiten, sondern auch volle Pisten zuwider sind, hatte ich kurzerhand die pragmatischste und effektivste Lösung in dieser Situation gewählt: Mich antizyklisch verhalten. Mit Erfolg, wie man sieht.

 

Übrigens:

Ein möglicher Lösungsansatz hatte ich in Kanada bereits vor über 10 Jahren entdeckt. Zumindest im Sommer. Mittlerweile gibt es europäische Bergbahnen, welche die Idee übernommen haben. Eine “Single Line” ermöglicht es einzelnen Personen von links bzw. rechts den Sessel oder die Gondel aufzufüllen und dadurch den Durchsatz zu erhöhen. Für Einzelpersonen oder Gruppen mit weniger Rudel-Drang eine willkommene Verkürzung der Wartezeiten, da die Mehrheit der Gäste in Gruppen fährt.