Denn die Nutztierproduktion ist der grösste Verursacher der globalen Abholzung, vertreibt dadurch indigene Völker in Südamerika aus ihrem Habitat und benötigt eine Fläche von der Grösse Afrikas. Eine Umstellung auf vegetarische Ernährung würde die benötigte Fläche um 3/4 reduzieren. Dennoch sind pflanzliche Substitute von Fleisch um bis zu 50% teurer, obwohl dafür deutlich weniger aufgewendet werden muss. Die Gründe, weshalb die Preise oft nicht den wahren Kosten von Lebensmitteln entsprechen, sind in der jüngeren Geschichte zu finden.
Weshalb tierische Produkte so günstig sind
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stieg in Europa die Nachfrage nach Lebensmitteln schnell an. Die stark wachsende Bevölkerung musste ernährt werden. Dazu benötigte es eine deutlich höhere landwirtschaftliche Produktion. Der Staat unterstützte dies mit Subventionen, um folgende Ziele zu erreichen:
- Ernährungssicherheit: Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand ein erhöhter Bedarf an Lebensmitteln, um die Bevölkerung zu ernähren und die Nahrungsmittelknappheit zu überwinden. Die Subventionierung, insbesondere derjenigen der Fleischproduktion, unterstützte die Landwirtschaft in deren Produktion und sicherte der Bevölkerung ausreichend Proteine.
- Wirtschaftlicher Wiederaufbau: Die Nachkriegszeit war geprägt von Wiederaufbau und wirtschaftlicher Erholung. Die Regierungen sahen in der Förderung der landwirtschaftlichen Produktion eine Möglichkeit, die heimische Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen.
- Preisstabilität: Subventionen wurden auch eingeführt, um die Preise für Lebensmittel, einschliesslich Fleisch, stabil zu halten. Niedrige Preise sollten den Verbrauchern zugutekommen und soziale Unruhen aufgrund hoher Lebensmittelpreise verhindern.
- Exportförderung: Die Subventionierung der Fleischproduktion hatte zudem das Ziel, den Export von landwirtschaftlichen Produkten zu fördern. Nach dem Krieg waren viele Länder auf den Wiederaufbau ihrer Wirtschaft angewiesen und versuchten, ihre Exporte zu steigern, um dringend benötigte Devisen zu generieren. Die subventionierte Fleischproduktion half, die Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt zu verbessern.
Das aktuelle Problem
Angesichts der damals vorherrschenden Mangellage und der damit verbundenen Unterversorgung vor und während den Kriegsjahren, ist der damalige Entscheid auch aus heutiger Sicht noch nachvollziehbar. Hingegen gibt es aber mittlerweile seit Jahrzehnten keinen Grund mehr, daran festzuhalten. Statt unter- sind wir in der Regel überversorgt und übergewichtig. Zudem sind die persönlichen Ausgaben für Lebensmittel auf einem historischen Tief.
Obwohl die negativen Auswirkungen bekannt sind, wird nicht nur nichts dagegen unternommen, sondern diese vernichtende Produktion weiterhin staatlich gefördert. So werden in der EU jährlich € 27 Milliarden dafür ausgegeben, diese Produktion zu vergünstigen. In der Schweiz unterstützt der Bund sogar die Bewerbung von Fleisch jedes Jahr mit CHF 6 Millionen. Gleichzeitig wird viel Geld locker gemacht, um unsere viel zu schlechte Umweltbilanz aufzubessern. Eine klassische Symptombekämpfung. Das Problem an der Wurzel zu packen wäre nicht nur kostengünstiger, sondern auch effektiver.
Die wahren Kosten von Lebensmitteln
Dadurch ist der Konsum von tierischen Produkten nach wie vor auf einem viel zu hohen Niveau und einer der Hauptgründe für unsere schlechte Umweltbilanz. Würde die Umweltbelastung mit eingerechnet, so müssten die meisten tierischen Produkte, insbesondere Fleisch, deutlich höhere Verkaufspreise haben, wie diese Studie an der ETH Zürich zeigt (die prozentualen Angaben beziehen sich auf die Abweichung vom Preis im Detailhandel).
Quelle: Perotti (2020)
Fazit
Die globalen Produktionssysteme dürfen nicht zu unnötigen externen Kosten führen, für die niemand zur Rechenschaft gezogen wird. Wenn ein Produkt nachhaltig sein soll, so müssen sich die wahren Kosten im Preis widerspiegeln. Das gilt für alle Produkte. Und zwar über den eigentlichen Nutzen hinaus. Entscheidend ist die Gesamtbetrachtung (Cradle-to-Cradle), unter einem neuen Verständnis des Begriffs der Wertschöpfung. Nur so sind nachhaltigere Lieferketten möglich.
Als wertschöpfend wird allgemein ein Vorgang bezeichnet, bei dem ein ökonomischer Mehrwert generiert wird. Doch die Realität zeigt, dass diese Sichtweise zu kurz greift. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sind stets auch die beiden anderen Säulen der Tripple Bottom Line zu berücksichtigen, also die ökologischen und sozialen Auswirkungen.
Eine nachhaltige Produktion bezieht sich somit nicht nur auf die Akteure der Lieferkette, sondern erfordert auch mutige Politik und verantwortungsbewusste Konsumenten. Wie die Supply Chain es schafft ihre Verantwortung wahrzunehmen, erfahren Sie im Artikel “So gestalten Unternehmen eine nachhaltige Lieferkette“.